Liebesdrama mit Baseballschlägern und Waffen – Christian Stückl inszeniert „Romeo und Julia“ in Oberammergau
Eine moderne Neuinszenierung mit großer Besetzung, klarer Haltung und dem Gespür für Tragik und Zeitgeist
Die Proben und der Kulissenbau laufen bereits auf Hochtouren. Seit Mitte Mai hat sich die Passionsbühne in Oberammergau in ein melancholisches, modernes Verona verwandelt: Christian Stückl inszeniert William Shakespeares „Romeo und Julia“ – radikal, gegenwartsnah und mit großer Leidenschaft. Es ist ein Projekt mit vielen Herausforderungen, aber ebenso einigen Überraschungen. Und es ist vor allem ein Stück über die Jugend, über Liebe, Hass und den Versuch in einer zerrissenen Welt Hoffnung zu finden.
130 bis 140 Darsteller bringt Stückl für diese Inszenierung auf die Bühne. Eine gewaltige Zahl, die vor allem in den Massenszenen zur Geltung kommt – bis zu 70 Menschen werden in manchen Szenen gleichzeitig auf der Bühne stehen. Die Produktion muss dennoch mit begrenztem Budget auskommen. Gerade bei Kostümen und Kulissen wird gespart, ohne dabei auf Wirkung zu verzichten. „Wir müssen diesmal die Kosten klein halten“, so Stückl. Doch wer ihn kennt, weiß: Seine Kunst lebt nicht vom Prunk, sondern von Ausdruck, Tempo, Sprache und Energie. Für die Musik ist Markus Zwink zuständig. Was genau musikalisch geplant ist, bleibt noch geheim – nur so viel: Es wird „passende Musik“ geben.
Die Geschichte, die Shakespeare vor über 400 Jahren schrieb, bleibt auch in dieser Inszenierung eine Geschichte voller Schmerz, Liebe und Zerreißproben. Die verfeindeten Familien Montague und Capulet lassen ihre Söhne auf den Straßen Veronas gegeneinander antreten. Es herrscht Krieg. Auf einem prunkvollen Maskenball begegnen sich Romeo und Julia – und verlieben sich auf den ersten Blick. Ein Hoffnungsschimmer. Doch die Gewalt der Straße macht auch vor ihnen nicht halt. In einer dramatischen Auseinandersetzung wird Romeos Freund Mercutio von Julias Cousin Tybald ermordet. In blinder Wut tötet Romeo Tybald und muss fliehen. Fortan ist das junge Liebespaar auf der Suche nach einem Weg zueinander – doch jeder Versuch, sich gegen das feindliche Umfeld zu behaupten, endet in Verzweiflung. Am Ende sind beide tot. Ein Ende ohne Frieden – und gerade deshalb so erschütternd aktuell.
Stückls Inszenierung verlegt die Handlung in die Gegenwart. Statt Degen gibt es Pistolen und Baseballschläger. Die Sprache wurde von ihm selbst in wochenlanger Arbeit überarbeitet und ins Heute übersetzt, ohne die Tragik zu verlieren. Drei Wochen saß er an der Fassung, damit der Text funktioniert – sprachlich wie emotional. Ein großes Unterfangen, das zeigt, wie sehr sich Stückl in seine Stoffe vertieft. Auch dieses Mal setzt er auf ein junges Ensemble, das bereits in früheren Produktionen überzeugte. Romeo wird von Yannick Schaap gespielt, Julia von Eva Norz – beide standen 2023 in „Julius Caesar“ auf der Bühne. Auch Rochus Rückel und Emma Burkart sind wieder dabei. Das Team ist eingespielt, motiviert – und bereit, große Gefühle zu transportieren.
Die Proben laufen täglich, oft mehrere Stunden lang, manchmal mit allen, manchmal in kleineren Gruppen. Stückl steht dabei nicht nur am Regiepult – er steht selbst mit auf der Bühne, gibt Anweisungen für Gestik, Mimik, Aussprache. Er ist Mentor, Motor und Maßstab zugleich. Besonders die Umsetzung der Sprache verlangt Feingefühl. Alles muss zur Szene passen – Ausdruck, Rhythmus, Timing. Die Arbeit ist intensiv, aber das Ensemble trägt sie mit. Viele der Mitwirkenden kommen direkt nach langen Arbeitstagen voller Energie zu den Proben. „Die Motivation sei ungebrochen“, sagt Stückl.
Auch der Blick auf das Publikum beschäftigt den Regisseur. Zwar läuft der Vorverkauf, doch bisher etwas zurückhaltend. „Wir haben in den letzten Jahren im Theaterbereich bemerkt, dass oft Karten nur noch sehr kurzfristig gekauft werden“, berichtet Stückl. Das gilt für Oberammergau ebenso wie für das Münchner Volkstheater. Dennoch blickt Stückl optimistisch auf den Sommer. Andere Veranstaltungen wie das Heimatsound Festival und der Brander Kasper laufen gut. Und mit der emotionalen Wucht, die „Romeo und Julia“ verspricht, dürfte auch diese Produktion bald das Publikum erreichen.
1336 Zuschauer finden pro Aufführung Platz. Eine Pause ist eingeplant – denn das Drama ist intensiv, zweieinhalb Stunden lang. „So laut wie bei „Julius Caesar“ soll es diesmal nicht werden“, meint Stückl schmunzelnd. Aber leise wird es sicher nicht. Nicht auf der Bühne – und nicht in den Köpfen der Zuschauer.
Die Inszenierung ist für Stückl nicht nur ein Theaterprojekt, sondern auch ein Blick nach vorn. Immer wieder hält er Ausschau nach Talenten für die kommende Passion. Die Bühne ist Probe – auch für Größeres. „Die Jugend fördern empfinde ich als sehr wichtig“, betont er.
Die Premiere findet am 4. Juli statt. Gespielt wird auch am 5., 18., 19., 25. und 26. Juli sowie am 1. und 2. August, jeweils ab 20 Uhr.
Die Darsteller im Überblick:
Escalus, Prinz von Verona – Martin Güntner
Paris, ein junger Edelmann – Julius Iven
Montague – Frederick Mayet
Romeo – Yannick Schaap
Capulet – Carsten Lück
Gräfin Capulet – Maria Buchwieser
Julia – Eva Norz
Anne, Julias Kindermädchen – Emma Burkhart
Mercutio, Romeos Freund – Rochus Rückel
Benvolio – Maximilian Bender
Tybalt – Ferdinand Dörfler
Bruder Lorenzo – Benedikt Fischer
Text / Fotos / Videos Copyright: Dominik Bartl/MedienPics.de
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