Vor 180 Jahren wurde König Ludwig II. geboren, der als Märchenkönig in die Geschichte einging. Nach seinem Tod im Jahr 1886 rief man ihm zu Ehren im Passionsdorf Oberammergau zwei Jahre später eine Tradition ins Leben: das „König-Ludwig-Feuer“. Bis heute ziehen die Bergfeuer am 24. August, einen Tag vor seinem Geburtstag, unzählige Zuschauer ins Ammertal. In diesem Jahr stand dabei ein Jubiläum im Mittelpunkt – das Bergfeuer „Zwoara“ feierte sein 50-jähriges Bestehen.
Die Wurzeln reichen zurück zu Alfred Bauer. Schon als kleiner Junge war es sein Wunsch, eines Tages selbst ein Feuer für „den Luggi“ zu entzünden. Vor genau 50 Jahren erfüllte er sich diesen Traum – und entfachte das Feuer in Form einer römischen II auf dem Hebamsberg. Seinen „Chefposten“ hat Bauer längst abgegeben. Mit 81 Jahren ist ihm der Weg auf den Berg zu beschwerlich. Vom Tal aus verfolgt er jedoch nach wie vor das Spektakel – mit Stolz, aber auch mit Wehmut.
„Zuerst war ich ganz allein, dann folgte Bernhard Maurer, wie mein Sohn Bernhard und Tini Norz. Kurze Zeit später folgte Thomas Bartl, der auch meine Funktion als Chef vom „Zwoara“ übernommen hat“, resümiert er.
Bis es soweit war, musste Bauer zunächst Überzeugungsarbeit leisten. Beim damaligen Bürgermeister Ernst Zwink fand er offene Ohren, doch die Fläche lag auf Privatgrund. So ging er zur Familie Stückl in Oberammergau, um nach Erlaubnis zu fragen. Nach einigem Zögern gaben die Stückls schließlich ihr Einverständnis. Damals wurde das Bergfeuer noch oberhalb des heutigen Platzes entfacht. Erst später zog es auf eine Weidefläche tiefer, die im Besitz der Gemeinde ist.
Eine Episode ist Bauer bis heute unvergessen: „Ich kann mich noch gut daran erinnern, als wir bei einem Luggi-Feuer eine rote Leuchtkugel abgeschossen hatten. Die erweckte die Aufmerksamkeit eines vorbeifliegenden Hubschraubers. Der wusste wohl nicht, dass wir unser traditionelles Luggi-Feuer hatten und kam im Tiefflug zu uns“, erzählt er schmunzelnd.
Auch Bauers Nachfolger Thomas Bartl hat inzwischen seine aktive Rolle am Berg niedergelegt. Aus gesundheitlichen Gründen bleibt ihm der Aufstieg verwehrt, doch die Verbundenheit zur Tradition ist ungebrochen. Bartl unterstützt die Mannschaft bei den Vorbereitungen im Tal und kontrolliert per Anruf, dass alles reibungslos läuft. „Für mich ist der Tag des Luggi-Feuers einer, an dem Weihnachten, Silvester, Ostern und Geburtstag zusammenfallen“, sagt er. Für Alfred Bauer ist es schlicht „einer der schönsten Tage im Jahr“.
Nachdem Bartl das Zepter an Christian Mayr übergab, folgte eine neue Generation nach. Viele der heutigen Feuermacher waren als Kinder schon am Berg dabei. Damals mussten sie am Nachmittag aus Sicherheitsgründen ins Tal zurück – gerade dann, wenn es spannend wurde. Heute kehren sie als Erwachsene zurück, um selbst Fackeln in den Hang zu schlagen.
Einer von ihnen ist Vitus Norz. Schon als Bub besuchte er seinen Vater Tini auf dem Hebamsberg. Heute hat er die Leitung vom „Zwoara“ übernommen. „Ich will die Tradition fortführen“, sagt er mit Stolz und blickt dabei zufrieden ins Tal.
Die Vorbereitungen beginnen schon Tage zuvor. Fackeln werden auf den Berg getragen, Linien mit Schnüren gespannt, Holzstifte mit Beilen in den steilen Hang getrieben. Am Tag des Luggi-Feuers trifft sich die Mannschaft traditionell zum Weißwurstfrühstück bei Josef Lutz. Dort wird nicht nur Kraft getankt, sondern auch die letzten Details besprochen.
Oben angekommen hissten die Feuermacher die bayerische Fahne mit dem Porträt des Märchenkönigs. Dann wurde die römische II abgesteckt: exakt im Abstand von einem Meter setzten die Männer die Stifte, auf die später die Fackeln gesteckt wurden. Keine leichte Arbeit in der Hanglage, doch am Nachmittag stand alles bereit. Je näher der Abend rückt, desto ruhiger wurde es auf dem Berg. Die Aussicht wurde genossen, am Grill noch einmal gestärkt, bevor die Spannung stieg. „Für mich ist es eine große Ehre, dass ich mitwirken darf. Ich bin stolz auf das Resultat und die Tradition“, sagt Christian Mayr.
Kurz nach 21 Uhr ertönten drei Böllerschüsse vom Kofel – das Signal zum Entzünden der Feuer. Schweigend nahmen die Feuermacher ihre Fackeln in die Hand, stiegen den Hang hinab und entzündeten Flamme für Flamme. Binnen Minuten brannte die römische zwei in mächtiger Klarheit über Oberammergau.
Musik vom Kofel, Raketen, Leuchtkugeln und Batteriefeuerwerk begleiteten das Schauspiel, mit dem König Ludwig II. geehrt wird. Gegen halb elf stiegen die Feuermacher ins Tal hinab, um sich den Kameraden der anderen Bergfeuer anzuschließen. Gemeinsam zogen sie durch den Ort, bevor sie sich im Ammergauer Haus versammelten. Dort wartete eine warme Brotzeit und Getränke – spendiert von der Gemeinde.
„Es ist schön, dass in Oberammergau die Generationen zusammenhalten und die Tradition aufrechterhalten“, betont Erster Bürgermeister Andreas Rödl, selbst ein Feuermacher.
So ist der „Zwoara“ seit 50 Jahren mehr als nur ein Feuer. Er ist ein Stück gelebte Heimat, das Vergangenheit und Zukunft miteinander verbindet – getragen von Menschen, die mit Herzblut dabei sind. Für alle aber ist es ein Zeichen, dass Tradition am stärksten leuchtet, wenn sie von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Auf dem Gruppenfoto Feuermacher zu sehen:
v. .l.: Leonhard Wiedemann, Andreas Rödl, Josef Lutz, Markus Stückl
v. v. l.: Vitus Norz, Christian Mayr
Auf dem kleinen Gruppenfoto zu sehen:
Vitus Norz, Thomas Bartl, Alfred Bauer, Christian Mayr
Text / Fotos / Videos Copyright: Dominik Bartl/MedienPics.de
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